Freitag, 18. Februar 2011

Geistheiler vs. Pillendreher vs. Statistik

Gegenwärtig gibt es wohl zwei extreme Auffassungen von Medizin. Diese Einstellungen verstehen sich gegenseitig so ausschließlich. Die Esoterik steht dabei auf Kriegsfuß mit der Schulmedizin. Diese Medizin, auch als Pillenmedizin verspottet, betrachte den Körper dabei als mechanisches Objekt.

In der Pillenmedizin eines naturalistischen Denkens denken wir den Körper als eine zuweilen betriebsmüde oder fehlerhafte Maschine, die ihren Geist aufgeben mag. Diese Maschine muss geölt werden und zur jährlichen Generalinspektion. Dadurch, dass wir dieser Maschine gutgemeinte Bedienungsratschläge geben, lässt sich vielleicht die Betriebsdauer erhöhen. (Keine schweren Sachen packen, das führt zu Verschleiß! Gesund essen!) Ungeachtet aller Ersatzteile, die wir uns von den Errungenschaften der neuen Medizin einfplanzen lassen, wissen wir jedoch, dass auch irgendwann dieser Körper zur Vergangenheit gehört. Dieses Gefährt, was uns lange Zeit durch die Welt kutschierte, gehört irgendwann zurückrecycelt in den Kausalmechanismus einer seelenlosen Kettenreation. Die Pillenmedizin behandelt daher unseren Körper als ein Ding. Wir könnten in ein Krankenhaus hinein und würden auf alle unsere Teile überprüft werden, ohne dass uns jemals jemand fragen müsste, wie wir uns fühlen.

Und ich glaube aus vielen negativen Erfahrungen von Betroffenen nährt sich die Kritik. Aus dieser extremen Erfahrung der Verdinglichung unseres Selbst ergibt sich - mitunter zu Recht - die gegenteilige Auffassung. Die esoterische Geistmedizin geht davon aus, dass der Körper nur Äußerung eines immateriellen Geistes ist, wobei jede sogenannte Fehlfunktion des Körper auf eine Fehlstellung der geistigen Glieder zu einander verstanden wird. Die Harmonie soll zurückgebracht werden durch eine universelle Liebe zu sich selbst und der Welt. Der Geistkörper muss demnach geformt werden. In der Folge wird jede Erklärung, die die Welt als Gegebene annimmt als verklärtes Naturalismusdenken abgewiesen. In einer Welt, die in ihrem Kern nur ein federweiches Geistkissen bietet, müssen wir doch garnicht unseren Körper als harten Körper bedenken. Wir schweben durch ein Bilderkino einer Kulissenwelt, nichts hat Bedeutung als eben nur diese eine Einstellung und Justierung im Geiste. Das Traumdenken verliert damit oft die Bodenhaftung und wir hören wie Menschen auf die abstrusesten Theorien schwören (die neue Medizin wäre so ein Beispiel, aber auch die Homöopathie gehört für mich dazu).

Entweder wir sehen uns also in der Teilnehmerperspektive, wobei wir selbst uns als Geist begreifen, der über seinen Körper Handlungsgewalt gewinnt, oder wir begreifen uns als Körper, wobei der Geist nur eine Erscheinung hierin ist, ein Geist in der Flasche, der verpufft, sobald wir den Körper öffnen. Diese dualistische Perspektive auf den Körper äußert sich in den zwei erwähnten Formen der Medizin. In der Pillenmedizin wird der Körper durch äußeres Eingreifen geheilt, in der Geistmedizin wird der Körper durch Reisen zu seinem »wahren« Selbst wieder zur Räson gebracht. Aber für welche Medizin entscheiden wir uns? "Ganzheitlich" heißt das neue Schlagwort mit dem wir alle Probleme in den Griff kriegen. Doch "ganzheitlich" denkt jeder, denn es wäre irrational eine Behandlung abzulehnen, wenn sie denn hilft.

Es kommt also darauf an, zu überprüfen, was hilft. "Wer heilt, hat Recht" heißt es ja. Doch woher wissen wir, wer Recht hat? Während sich ungebildete Physiker oder esoterische Laien oftmals in ihre Dogmen versteifen, so weiß kaum jemand, wie die Beurteilung der Heilungschancen funktioniert. Nur das Wundermittel der Statistik, das heißt die Beobachtung hoher Fallzahlen lassen uns auf Wirksamkeit schließen. Das heißt, wenn jemand sagt, dass er Geistheilen kann, dann muss er dies an Tausend Menschen in einer Doppelblindstudie nachweisen.

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