Donnerstag, 24. Februar 2011

Bayreuth tut Guttenberg einen Gefallen - Das Volk liebt Guttenberg

Die Schutzbehauptung, dass dem Herrn Dr. Dr. Guttenberg Fehler unterlaufen seien, scheint ihn so gut wie unangreifbar zu machen. Aller Rest sei nur noch Schmutzkampagne. Ein Verbrecher, der sich mit dem Hinweis auf einen Fehler aus der Affaire zieht?


Nochmal zu den Fakten: 25% der Zeilen, die er schrieb waren nicht seine eigenen. Auf drei Vierteln der Seiten der Arbeit sind bis jetzt Plagiate nachgewiesen (wir sind gespannt, was noch kommt). Jeder, der schon selbst eine Arbeit mit vielen Seiten geschrieben hat, der weiß, das so etwas nicht zufällig passiert. Man tüftelt an Sätzen herum, so lange bis sie wirklich zu einem eigenen Gedanken geworden sind und selbst dann noch liest einer immer wieder nach und schreibt um, schreibt um, schreibt um. Man vergisst nicht einfach 200 Fußnoten, weil man auch darüber in Kenntnis ist, das Plagiate zu ernsthaften Konsequenzen führen können, auch wenn sie nur versehentlich unterlaufen (gut, jetzt nicht mehr).


Abgesehen aber davon, dass so ein Flickenteppich mit Langzitaten nur ein Plagiat sein kann, hat die Uni Bayreuth sich entschieden, Herrn Prof. Dr. Dr. Mult. Dr. Dr. Dr. Guttenberg nun den Titel abzuerkennen. „Welch noble Geste?“ mag da der Mann von der Straße sagen. Warum wurde jedoch nicht länger geprüft? Die Öffentlichkeit hätte dieses im Sinne der Wahrheit schon ausgehalten länger zu warten. Wie schätzt die Universität die Betrugsvorwürfe ein, die ja so offensichtlich sind? Zur Täuschung will man aber offensichtlich nicht nachdenken.




Bayreuth tut also unserem Herrn Doktor einen Gefallen. Womöglich wird der Vorwurf der Täuschung in den nächsten Wochen und Monaten daher von der Bildfläche verschwinden. Guttenberg konnte sich anscheinend aufgrund der Unterstützung in der Öffentlichkeit durch die Krise lavieren. Und allein das ist das Skandalöse daran. Wie kann ein Betrüger von der Öffentlichkeit so geliebt werden?

Ich will nochmal über Plagiat aufklären. Im Folgenden habe ich einen Übungszettel von Dr. Jona Hammer eingestellt bei der ich das wissenschaftliche Arbeiten erlernt habe. Jeder soll selbst probieren und beantworten welche der nachfolgenden Stellen als Plagiat zu werten sind. Das Ergebnis ist sehr überraschend.


"Academic Integrity Workshop, Graduate Orientation, McAnulty College, Duquesne University
ORIGINAL TEXT
“There are thousands of Latinas without the privilege of an education or the entrees into society that I have. For them life is a constant struggle against the misconceptions perpetuated by the myth of the Latina. My goal is to try to replace the old stereotypes with a much more interesting set of realities.” (From Judith Cofer’s “The Myth of the Latin Woman.” The Latin Deli: Prose and Poetry. Rpt. in Mercury Reader. ESL Program, Duquesne University, comp. Boston: Pearson, 2005.)


CURRENT WRITERS’ STATEMENTS
Which ones are plagiarized and how?
1. According to Cofer there are many Latin women who do not get
an education or an entry into society (40).
2. The social status of Latin women in the United States is often
very low, according to Cofer (40).
3. Many Latin women do not have the privilege of an education or
“the entrees into society” that Cofer says she has had (40).
4. It is important to replace the old stereotypes with realities (Cofer
40).
5. Cofer says her “goal is to try to replace the old stereotypes” with something more interesting and more real (40).
6. Latin women have to fight hard against the misconceptions
caused by “the myth of the Latina” (Cofer 40).
7. Latin women may have a very difficult life because they are
stereotyped (Cofer 40).


Copyright Jona Hammer, 2005 nach Rücksprache mir zur Benutzung zur Verfügung gestellt.


An diesen Beispielen sieht man welches wissenschaftlichen Aufwands es bedarf, um Plagiate zu vermeiden. Denn nur 2.) und 7.) sind keine Plagiate. Bei den anderen handelt es sich um Patchworkplagairism, weil zum Teil auch Satzstellungen übernommen worden sind. Jeder der eine Doktorarbeit schreibt sollte sich hierüber im klaren sein. Ein Dieb kann sich im Nachhinein auch nicht aus der Affaire ziehen und sagen, dass er nicht wusste, dass derlei Dinge falsch sind. Wenn es sich nur um solche Fragen der Umformulierung handeln würde, wäre es angemessen die Fehler des Herrn Prof. Dr. Dr. Guttenberg auf sich beruhen zu lassen. In dem Umfange aber wie Herr Bundeskanzler Professor Dr. Guttenberg gefälscht Plagiate getätigt hat, lässt sich der Täuschungsversuch nicht mehr bestreiten. Die CSU nahe Universität Bayreuth hat Herrn Guttenberg mit der schnellen Abwicklung der Vorwürfe und der Reduzierung auf seine mangelnde wissenschaftliche Leistung einen Gefallen getan. Ich bitte daher darum sich der Gruppe in Facebook anzuschließen.
http://www.facebook.com/profile.php?id=661792474#!/home.php?sk=group_131588970245047&ap=1

Montag, 21. Februar 2011

Selbstverteidigungsminister Guttenberg - Vorverurteilt sich selbst

Nach all der Vorverurteilung und Hetzjagd im Internet also, nach all den Anfeindungen vom wütenden Mob, die bei der Gänsefüßchen-Affaire angeblich voreilige und falsche politisch motivierte Schlussfolgerungen gezogen haben, muss nun der so doch zu Unrecht Vorverurteilte Guttenberg die Notbremse ziehen und sich selbst vorverurteilen. Er kann doch noch gar nicht wissen, was bei der Prüfungskommision herauskäme, müsste es nun konsequent von seinen Unterstützern heißen. Doch ungeachtet dieser Vorgänge wird nun wohl das Augenmerk darauf gelegt werden, dass es schließlich um politische Inhalte ginge und nicht um den Doktortitel und, so muss es wohl auch lauten, schon gar nicht um den kriminellen Hintergrund. Guttenberg hat sich eine Karriere zusammengebastelt. Allein seine geschönte Biographie, wonach er zunächst in einem mittelständischen Unternehmen arbeitete und Erfahrungen in der freien Wirtschaft gesammelt hätte, wobei sich später dann herausstellte, dass dieses Unternehmen aus drei Mitarbeitern bestand, deren Aufgabe es war, das Vermögen der Guttenbergs zu verwalten, allein dieser Blendungsversuch hätte auch mich schon alarmieren müssen. Ich war kein Guttenbergfeind ganz und gar nicht, aber die Dreistigkeit mit der er nun versucht seinen Posten zu retten, zeigt nur noch eins, die gespielte Maske Guttenberg, die die erstarrte Mine als Gradlinigkeit ausdeutet.

In der Rede äußert sich die doch wankelmütige „fränkische Wettertanne“ so: "so weit kommt's noch, meine Damen und Herren, dass man sich nach einem solchen Sturm drücken würde (.) so weit kommst noch". Stürme könnten ihn nicht umhauen. Mit offensiver Demut entschuldigt er sich bei allen, die er mit seinen Plagiaten (geistiger Diebstahl, um das mal zu betonen, und nicht nur das, sondern auch Erschleichung von Titeln und damit wiederholter Betrug) verletzt haben könnte.

Aber mir geht es auch nicht um das einzelne Vergehen hier, sondern um den Angriff auf das Ganze unseres Moralsystems, dass auch auf der ehrlichen Erarbeitung von Anerkennung und Respekt basiert. Der Doktortitel ist hier eine Institution, der ausdrückt, dass jemand an der Sache interessiert ist und sich wissenschaftlich ausgewogen ohne politische Verfremdung mit Sachverhalten auseinandersetzen kann. Der Doktortitel ist Symbol für Sachkompetenz. Es geht also darum, welches Verständnis wir von unserem Bildungssystem abverlangen. Wenn wir nun zulassen, dass ein Mann den Doktortitel ins Abseits bringt, um seine Karriere zu retten, so müssen wir uns fragen, worauf wir in Zukunft unsere Anerkennung ausrichten wollen. Etwa am Mediengeschick?
Aber der Mann Guttenberg, der sich als „Original und nicht als Plagiat“ versteht, versucht nun den Doktortitel zu diskreditieren. Er sei nicht als Selbstverteidigungsminister, habe aber doch „guten Grund […] zu kämpfen". Man verlasse das Schiff nicht. Man bleibe an Deck und halte die Dinge durch. Er musste sich erst am Wochenende nochmal die Arbeit durchlesen, um sich zu erinnern, dass da ja ein paar Stellen waren, die nicht von ihm waren. In gebotener Ruhe habe er festgestellt, dass es richtig war, den Doktortitel nicht zu führen. Wobei er zuvor doch sagte, er wolle ihn vorrübergehend ablegen.


Um juristisch im Reinen zu bleiben und vor möglichen strafrechtlichen Konsequenzen zu entfliehen, muss Guttenberg dann wohl feststellen, er habe diese Fehler nicht bewusst gemacht. Der Mann ist ehrlich, sagt sich der gute Bürger da. Die Wissenschaft verstehe von dieser Verwurzelung im Leben nichts, da könne es schon vorkommen, dass jemand mal gut 50% seiner Doktorarbeit zusammenklaut, wenn es nicht sogar die ganze ist. Doch er habe den Überblick über die Quellen verloren, kann hier doch kein Argument sein, da kaum eine Stelle noch von ihm ist. Als Mensch mit Fehlern und Schwächen jedoch stehe er nun zu diesen Fehlern, heißt es weiter. Vielen Dank. Wer diesem Mann noch vertraut, der versteht nicht, was es bedeutet, sich über Jahre mit intensiver Arbeit einem Thema zu nähern und sich so Sachkompetenz aufzubauen. Die fränkische Wettertanne wird wohl diesen Skandal einfach durchsitzen und dem gerechtfertigten Sturm der Entrüstung seitens von Wissenschaftlern trotzen. Damit aber bringen wir unser System, das auf der Expertenkompetenz basiert in Verruf. Wer möchte denn zum Beispiel einen Dirigenten haben, der dieses nicht kann? Wer möchte von einem Arzt behandelt werden, der nicht das nötige Zeugnis dafür aufbringt? Wer möchte, dass Politiker unser Land verwalten, die es nötig haben Expertenkenntnis vorzugaukeln und dabei sogar vor dem Schritt in die Kriminalität nicht zurückschrecken?

Hier nun die Rede von gestern:


Und was meint der Bürger dazu? Alles nur Schlammschlachten, Politisches sollte im Mittelpunkt stehen, macht den guten Mann nicht kaputt, Scheiß auf den Doktortitel

Auf der Unterstützerseite heißt es nun trotzig und da solltet ihr alle mal nachschauen, denn es gefällt mittlerweile 186.000 Menschen (http://www.facebook.com/home.php#!/ProGuttenberg):

"Tomas Aquinas
Peinlich ist, wie sich die Journaille als Meute auf jemanden stürzt. Und wie sich einige Leute, die wahrscheinlich selber keinen richtigen Satz zu Papier bringen, an dieser Jagd beteiligen - als oberste Inquisitionsbehörde (z.B. GuttenPlag)... Mir persönlich ist es ****egal, ob der Mann abgeschrieben hat oder nicht. Meine Sympathie hat er trotzdem."
Letztlich bringen alle Kommentar nur das gleiche zum Ausdruck. Egal wie kriminell er ist, er ist sympathisch. Argumente hin oder her, er macht einen guten Job (warum eigentlich?). Die Bundeswehrreform kann doch jeder bei Finanzzwängen, womit man die gesamten anderen Ministerien hinter sich hat durchführen, aber das ist ein anderes Thema.

Ich frage ganz ehrlich: Sind wir wirklich dafür, dass ein Vergehen wie vom Bundesverteidigungsminiser Dr. Guttenberg unbestraft bleiben soll? Sollten wir nicht alle den Rücktritt fordern oder wollen wir Ungerechtigkeit in dieser Gesellschaft einfach so durchgehen lassen? Wie viele ohne Doktortitel fühlen sich benachteiligt, würden aber deswegen niemals das moralische System hintergehen? Genau diese müssten sich doch zu Wort melden. Ich behaupte, dass die Mehrheit noch unkorrumpiert ist und daher diesen Fehler nicht ohne weiteres entschuldigen darf.
Ich bin also gegen eine oberflächliche Verharmlosung der erhobenen Vorwürfe.

Hier nun der Link zur Facebookgruppe für den Rücktritt Guttenbergs: http://www.facebook.com/home.php?sk=group_195260340499096

Vorveruteilung des Guttenbergs?

Es ist doch merkwürdig, wie wenig ein normal Sterblicher in der Lage sein soll, wissenschaftliches Vorgehen zu beurteilen. Es handelt sich doch bei der Prüfungskommission nicht um einen Geheimbund der nach einem Prozedere verfährt, das von Außenstehenden nicht beurteilt werden könnte. Sicher mag es einige Detailfragen geben, die ein Laie nicht sofort beantworten kann. Aber den Blick für das Grobe und dazu gehört, dass eine Doktorarbeit nicht aus seitenlangen, ungekennzeichneten Zitaten zusammengeschustert sein kann, beherrscht doch wohl jeder. Im folgenden Beitrag heißt es dennoch, dass wir anhand der Website (http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate), die sich mit der Aufarbeitung der Dissertation befasst, keine Schlussfolgerungen ziehen dürfen.  (Mal einfach in die nächsten 20s reinschauen.)


Warum sollten wir nicht anhand der dargestellten Daten in der Lage sein, den Sachverhalt zu beurteilen? Es zeigt sich doch dort, dass große Teile der Doktorarbeit einfach nur abgeschrieben sind. Warum sollte dabei wissenschaftlicher Sachverstand nötig sein, um zu urteilen, dass abschreiben einfach mal falsch ist? Auf der Website Wikiplag zeigt sich das enorme Ausmaß. Falls Guttenberg tatsächlich von der Prüfungskommission nur gerügt werden sollte, dann haben wir einen Wissenschaftsskandal ungekannten Ausmaßes vorliegen. 

An späterer Stelle zeigen dann die Befragungen von Bürgerinnen und Bürgern sehr verquere Ansichten zu Doktortiteln und wissenschaftlichen Vorgehen. Da heißt es von einer Befragten, dass sie selbst viele Menschen mit Doktortiteln kenne, die alle geschummelt haben sollen. Da fragt sich doch in welchen Kreisen die Dame verkehrt und warum ihr diese Bekannten oder gar Freunde mitteilen, dass sie geschummelt hätten. An anderer Stelle wird behauptet, dass das ganze nur politischer Zirkus sei, um einen guten Mann fertig zu machen.


Ich bin der Meinung wir können Guttenberg verurteilen anhand der Daten, die wir haben. Was ist aber die weitere Konsequenz? Der Fall Guttenberg muss ein Umdenken in unserer Anerkennung der Bildung bewirken und vielleicht auch erstmal über den Wert der Bildung sowie Wissenschaft informieren. Erschummelte Doktortitel sollten zumindest nicht zu unserer Vorstellung einer akzeptierbaren Welt gehören. In unser arbeitsteiligen Welt brauchen wir qualifizierte Experten, die wir eben durch den Werdegang an der Uni ausbilden. Wenn wir aber zulassen, dass der Doktortitel korrumbierbar ist, so verlieren wir ein wichtiges Qualifikationsinstrument in unserer Gesellschaft.

Darüberhinaus verfahre ich bei meinen Wahlentscheidungen immer so, dass ich mich frage, wer die größte Kompetenz besitzt und diesen dann wähle, denn ich möchte das komplizierte Sachverhalte auch entsprechend ihrer Komplexität behandelt werden. Ein akademischer Titel hilft mir zunächst über den Sachverstand des Kandidaten zu urteilen. *lach* Wenn nun herauskommt, dass ich hierin getäuscht worden bin, dann möchte ich, bitte sehr, rückwirkend meine Wählerstimme zurück haben.

Anhang: Nach Darstellung des Morgenmagazins hat Horst Seehofer Guttenberg abgehalten zurückzutreten. Die CSU-Sippe hält zusammen, aber es ist ja auch klar, schließlich hat Seehofer Guttenberg erfunden.

Sonntag, 20. Februar 2011

Plagiate bei Guttenberg und Klimawandel gibt es nicht

Mittlerweile sollte jedem klar sein, dass das bayrische Jodlerdiplom schwerer zu erreichen ist als eine Doktorarbeit an der Universität Bayreuth. Doch das Skandalöse ist nicht, dass ein Doktorand seine Doktorarbeit plump gefälscht hat, sondern dass Guttenberg damit womöglich durchkommt. Trotz der Tatsache also, dass es sich um eine Straftat handelt, sprechen sich nur 22% für den Rücktritt aus, wobei eine überwältigende Mehrheit von 74% dagegen ist (Quelle ARD Tagesthemen 19.02.11). Nach Umfrage der Bildzeitung sollen 57% der Deutschen Guttenberg nicht für einen Schwindler (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,746654,00.html) halten. Mittlerweile hat sich auch eine Facebookseite formiert, auf der bereits 110.000 Nutzer ihre Zustimmung zu Guttenberg bekunden (http://www.facebook.com/ProGuttenberg). „Scheiß auf den Doktortitel“ lautet dort die Parole und mit dieser differenzierten Aussage stellen sich auch mehrere Politiker hinter ihn. Es erinnert leicht an Italien, wo „Scheiß auf Prostitutionsskandale mit Minderjährigen“ in Umlauf gebracht werden. Nein, das ist kein ungerechter Vergleich, denn bei der Fälschung einer Doktorarbeit in diesem Ausmaß handelt es sich um eine Straftat.

Aufgrund der Blindheit bei der Bevölkerung kommt es mir so vor, als werden umgekehrt alle Schriftsteller und Wissenschaftler, die ohne Zustimmung von Guttenberg Teile seiner Arbeit vorab in ihren Arbeiten veröffentlicht haben, ihre akademischen Titel wegen Plagiats zurückgeben müssen. Darüber hinaus wird Guttenberg neben den Einnahmen seiner nun populären Dissertation (88 Euro) sich über Tantiemen von der FAZ freuen dürfen. Diese hatte nämlich auch schon vieles seiner Gedanken ohne Angabe der Fußnote veröffentlicht.

Angesichts dieser Skandalösen Mehrheit für Guttenberg, wobei hier auch eine Schmutzkampagne der Linken vermutet wird, müssen wir wirklich fragen, wer zuletzt lachen soll.



Nein, dies ist keine politische Darstellung, aber ich muss doch wohl angesichts der vielen Anhänger Guttenbergs fragen, wollen wir eine Demokratie wie in Italien, wo jegliche Aufklärung des Volkes über ihren doch hochverehrten Volkstyrannen, der über die Gesetze für den Pöbel erhaben ist, nicht abschrecken kann? Wenn dann Aussagen wie „Scheiß auf den Doktortitel“ aufkommen, dann müssen wir doch sogleich bedenken, dass es die Aufklärung war, die uns mit der Bildung aus der Knechtschaft als Bauerntölpel befreit hat. Jeder der lesen kann, sollte den Wert der Bildung für diese Gesellschaft und die Demokratie hoch ansetzen und damit auch die höchste Auszeichnung nämlich den Doktortitel.


Aber auf den Doktortitel verzichtet Guttenberg ja jetzt vorübergehend, so als bräuchte er ihn nicht. Dass ein vorrübergehender Verzicht jedoch nicht möglich ist, spielt dabei keine Rolle (über den vorrübergehenden Verzicht auf die Doktorarbeit http://www.sprengsatz.de/?p=3611). Ein populärer Schachzug, denn große Menschen sind auch ohne Doktortitel groß. Aber auch ohne Doktortitel bleibt er ein Fälscher (ein großer vielleicht, da er ja ein summa cum laude erreicht hat). Die Beweise, die auf http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate hervorgebracht werden, sind jedenfalls erschreckend erdrückend. Jeder der nach Studium dieser Seite an seine Unschuld glaubt, der glaubt auch an Massenvernichtungswaffen im Irak.




Nach der Umfrage in Infratest Dima meinen 61% der Befragten, Guttenberg habe Fehler gemacht, die vorkommen können, wenn man viel beschäftigt ist. 70% meinen er werde nur angegriffen, weil er Neider habe. Das ist gänzlich abstrus, es handelt sich nämlich nicht um Fehler, sondern um ein Verbrechen, das so offenbar ist, wie dass OJ Simpson ein Mörder ist. Zudem fälscht man eine Doktorarbeit nicht mal eben an einem Abend. 68% Plagiate in einer Arbeit, die bisher entdeckt worden sind, sind keine Fehler, die vollkommen unbewusst ablaufen wie ein plötzlicher Parkfehler oder fallgengelassenes Geschirr, sondern sind lange vorbereitet und an vielen Abenden niedergeschrieben (wenn er die Doktorarbeit denn selbst geschrieben hat, was ja jetzt auch zur Debatte steht).



Dass eine Fußnote nicht genannt worden ist, wie es mit dem Aufkommen der Debatte hieß, wäre noch verzeihlich, doch der Umfang von nun mehr über 65% an Plagiaten lässt an dieser Darstellung zweifeln. Guttenberg schadet mit dem dubios erworbenen Titel damit nicht nur sich, sondern auch der Universität Bayreuth und dem Ansehen des Doktortitels generell. Denn wenn solche Doktortitel vergeben werden, welchem Doktor dürfen wir dann noch vertrauen? Vertrauen wir nicht Physikern mit Doktortiteln Atomkraftwerke an, komplexe Rechtsprobleme an die, die sich damit auskennen und unseren Körper nicht gar dem Doktor in der Praxis? Wir dürfen den Doktortitel nicht unterschätzen. Dessen Bedeutung ist Auszeichnung für die höchstmöglichen Leistungen im intellektuellen Bereich und steht für unsere stark arbeitsteilig differenzierte Gesellschaft, die qualifizierte Experten benötigt.

Mit dem "summa cum laude" für Guttenbergs Arbeit stellen sich daher Fragen zur Universität Bayreuth. Die Unterstützung der Gründung dieser Universität durch die CSU erscheint später die Gefälligkeit in Form eines Doktortitels mit „summa cum laude“ zu erfordern. Guttenbergs Collage, so können wir es wohl durch die ehrenhafte Aufarbeitung bei GuttenbergPlag bezeichnen, hat maximal noch künstlerischen Wert, aber wissenschaftlich handelt es sich um eine Nullnummer. Wie steht es daher um die Universität Bayreuth oder unsere Doktortitel überhaupt? Viele der Guttenberg-Groupies können sich die Schwere der Vorwürfe nicht ausmalen. Dennoch: Es geht hier um das Verständnis unseres leistungsfähigen Bildungssystem, das eine wesentliche Säule unseres Wohlstands ist, auf die wir nicht verzichten können. Die Ehrhaftigkeit des Doktortitels gehört dazu und wir sollten jeden, der einen Doktortitel besitzt auch dementsprechend behandeln. Wenn aber der Doktortitel nun korrumpiert wird, so wird sich auch die Anerkennung für wissenschaftliche Leistungen schmälern und damit auch zunehmend die Anerkennung von Experten.


Auf der Seite von Guttenberg heißt es: »Richtschnur meines Handelns war und ist Prinzipienfestigkeit und Grundsatztreue.« (www.zuguttenberg.de). Die einzige Möglichkeit, die ihm verbleibt, wenn er denn überhaupt jemals prinzipienfest werden will, ist der Rücktritt und Reue. Aber man kann ja vielleicht auch prinzipienfest sein, wenn man prinzipiell betrügt und täuscht.

Ich gehöre hier wohl damit auch zu den Schmutzjournalisten, die Guttenberg mit dreckigen und feigen Argumenten bewerfen. Aber ganz ehrlich, wir diskutieren hier über die Frage, ob jemand, der in der Wissenschaft als Betrüger ausgewiesen werden wird (alles andere schadet nur der Universität Bayreuth und der Anerkennung des Doktortitels), tatsächlich das Verteidigungsministerium leiten sollte oder gar Kanzler werden darf. Ich schlage daher vor, Guttenbergs Dissertation in Zukunft als Lehrbeispiel für korrektes Zitieren zu benutzen und Deutschlands Ansehen in der Bildung durch hartes und unnachgiebiges Vorgehen bei solchen Betrügereien zu erhalten.

Anhang 1: Es ist klar, dass aufgrund der Beweislast, die Verantwortlichen nervös sind.


Anhang 2: Nun wird argumentiert, dass man sich wegen ein paar Fußnoten nicht so kleinlich haben sollte, doch jeder, der sich durch knapp 500 Seiten Doktorarbeit durchkämpft und 1200 Fußnoten, was ja Guttenberg nicht müde wird zu betonen, dem muss klar sein, dass Zitate als solche gekennzeichnet werden und das es sich bei diesem Ausmaß nicht mehr um ein Versehen handeln kann. Wir müssen hier auch etwas zu dem Grund sagen, warum die Doktorarbeit überhaupt Fußnoten ausweist. Eine Doktorarbeit ist eingebettet in einen wissenschaftlichen Zusammenhang. In diesem Sinne ist es unabdingbar durch Verweise auf andere Arbeiten diese Einbettung zu erreichen. Das heißt aber nicht, dass die Doktorarbeit aus Zitaten zusammengepflastert und zusammengestrickt wird. Das ist nichts anderes als ein fliegender Flickenteppich aus Langzitaten auf dem Guttenberg hier durch die Welt reitet, dies ohne wissenschaftlichen Mehrwert. Mehr noch ist die damit verbundene Erschleichung eines Titels nicht nur ein einmaliges Vergehen, sondern jedes Mal eine Straftat, wenn der Doktortitel benutzt wird. Der Doktortitel bringt nämlich jedes mal Vorteile, die unlauter erschlichen sind.

Freitag, 18. Februar 2011

Geistheiler vs. Pillendreher vs. Statistik

Gegenwärtig gibt es wohl zwei extreme Auffassungen von Medizin. Diese Einstellungen verstehen sich gegenseitig so ausschließlich. Die Esoterik steht dabei auf Kriegsfuß mit der Schulmedizin. Diese Medizin, auch als Pillenmedizin verspottet, betrachte den Körper dabei als mechanisches Objekt.

In der Pillenmedizin eines naturalistischen Denkens denken wir den Körper als eine zuweilen betriebsmüde oder fehlerhafte Maschine, die ihren Geist aufgeben mag. Diese Maschine muss geölt werden und zur jährlichen Generalinspektion. Dadurch, dass wir dieser Maschine gutgemeinte Bedienungsratschläge geben, lässt sich vielleicht die Betriebsdauer erhöhen. (Keine schweren Sachen packen, das führt zu Verschleiß! Gesund essen!) Ungeachtet aller Ersatzteile, die wir uns von den Errungenschaften der neuen Medizin einfplanzen lassen, wissen wir jedoch, dass auch irgendwann dieser Körper zur Vergangenheit gehört. Dieses Gefährt, was uns lange Zeit durch die Welt kutschierte, gehört irgendwann zurückrecycelt in den Kausalmechanismus einer seelenlosen Kettenreation. Die Pillenmedizin behandelt daher unseren Körper als ein Ding. Wir könnten in ein Krankenhaus hinein und würden auf alle unsere Teile überprüft werden, ohne dass uns jemals jemand fragen müsste, wie wir uns fühlen.

Und ich glaube aus vielen negativen Erfahrungen von Betroffenen nährt sich die Kritik. Aus dieser extremen Erfahrung der Verdinglichung unseres Selbst ergibt sich - mitunter zu Recht - die gegenteilige Auffassung. Die esoterische Geistmedizin geht davon aus, dass der Körper nur Äußerung eines immateriellen Geistes ist, wobei jede sogenannte Fehlfunktion des Körper auf eine Fehlstellung der geistigen Glieder zu einander verstanden wird. Die Harmonie soll zurückgebracht werden durch eine universelle Liebe zu sich selbst und der Welt. Der Geistkörper muss demnach geformt werden. In der Folge wird jede Erklärung, die die Welt als Gegebene annimmt als verklärtes Naturalismusdenken abgewiesen. In einer Welt, die in ihrem Kern nur ein federweiches Geistkissen bietet, müssen wir doch garnicht unseren Körper als harten Körper bedenken. Wir schweben durch ein Bilderkino einer Kulissenwelt, nichts hat Bedeutung als eben nur diese eine Einstellung und Justierung im Geiste. Das Traumdenken verliert damit oft die Bodenhaftung und wir hören wie Menschen auf die abstrusesten Theorien schwören (die neue Medizin wäre so ein Beispiel, aber auch die Homöopathie gehört für mich dazu).

Entweder wir sehen uns also in der Teilnehmerperspektive, wobei wir selbst uns als Geist begreifen, der über seinen Körper Handlungsgewalt gewinnt, oder wir begreifen uns als Körper, wobei der Geist nur eine Erscheinung hierin ist, ein Geist in der Flasche, der verpufft, sobald wir den Körper öffnen. Diese dualistische Perspektive auf den Körper äußert sich in den zwei erwähnten Formen der Medizin. In der Pillenmedizin wird der Körper durch äußeres Eingreifen geheilt, in der Geistmedizin wird der Körper durch Reisen zu seinem »wahren« Selbst wieder zur Räson gebracht. Aber für welche Medizin entscheiden wir uns? "Ganzheitlich" heißt das neue Schlagwort mit dem wir alle Probleme in den Griff kriegen. Doch "ganzheitlich" denkt jeder, denn es wäre irrational eine Behandlung abzulehnen, wenn sie denn hilft.

Es kommt also darauf an, zu überprüfen, was hilft. "Wer heilt, hat Recht" heißt es ja. Doch woher wissen wir, wer Recht hat? Während sich ungebildete Physiker oder esoterische Laien oftmals in ihre Dogmen versteifen, so weiß kaum jemand, wie die Beurteilung der Heilungschancen funktioniert. Nur das Wundermittel der Statistik, das heißt die Beobachtung hoher Fallzahlen lassen uns auf Wirksamkeit schließen. Das heißt, wenn jemand sagt, dass er Geistheilen kann, dann muss er dies an Tausend Menschen in einer Doppelblindstudie nachweisen.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Deutschland gegen Italien im Stadion – Die schlechteste Stimmung aller Zeiten

Kevin Großkreutz lässt vor der Partie gegen Italien noch Folgendes verlauten:

„In unserem Stadion herrscht die beste Stimmung in Deutschland. Deshalb hoffe ich, dass die Zuschauer auch die Nationalmannschaft nach vorne peitschen werden.“ (Quelle: http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_dfbteam/artikel_348710.html)

Ich hätte den Herren gerne mit allem Jubel, Röhren und Kreischen heiser nach vorne gepeitscht, doch die einzige Stimme im Stadion, die zuweilen zu vernehmen war, war meine und das reicht nicht.

Deutschland gegen Italien Halbzeitpause

Nun in den allgemeinen Kommentaren heißt es, dass die Nationalmannschaft stark begann und dann leider wegen erstarkender Italiener verlor (subjektiv haben wir dann auch verloren ;). Wie dem auch sei, im Stadion bewerten wir Partien nun ganz anders. Die subjektive Perspektive, die Geschwindigkeit, die fehlenden Zeitlupen setzen einem der subjektiven Beobachtung des Spielgeschehens aus. Einer muss sich in den Wellen der Fans bewegen, der Fachkompetenz seiner Sitznachbarn glauben. Diese besteht daraus das Spiel mit Stimmung zu begleiten. Wegen diesem Geschehen gehen wir doch ins Stadion. Wenn wir das Spiel in Ruhe analysieren wollten, so könnten wir das mit Sicherheit auch am Fernsehen (auch wenn bei den schlechten Kameraperspektiven die Raumaufteilung nicht zu beurteilen ist).

Um es mal zusammenzufassen: Das Deutsche Länderspiel war eines der langweiligsten Länderspiele, die ich in meiner Laufbahn als Stadion-Ultra Hooligan erleben durfte, denn so kam ich mir bisweilen vor. Während jedes Bezirksligaligaspiel von Ober-unter-Erkenschwick gegen Buxtehude Fallingborstel Re-United mehr Stimmung verbreitet, wurde ich doch ständig von den kalkweißen Daunensynthetikjacken tragenden und mit kleinen Rucksäckchen beladenen 20-jährigen Sitzfleischomis ständig ermahnt, mich hinzusetzen - und das schon vor Spielbeginn! Da war es schon peinlich beim Tor in der 16. Minute aufzuspringen und zu jubeln. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich tatsächlich geglaubt im schüchternen Italienerblock in der Nordkurve zu sitzen und die Südkurve einfach nicht zu hören. Es war für mich überraschend als sich entpuppte, dass noch andere Menschen da waren. Dieser Moment war im Übrigen der einzige, wo jemand jubelte.

Ohnehin wundere ich mich schon lange, warum bei Länderspielen nur Sitzplätze existieren. Soll das Länderspiel damit auch für Rentner und Familien attraktiv gemacht werden? Wie wäre es mit einer Kurve in der die Verantwortlichen kleine Plastikbällchen hineinschütten,  für unter dreijährige, die darin toben könnten oder noch besser, gleich einer Schlaftribüne? Ich wäre mir sicher, dass ein Kindergarten oder ein Schnarchkonzert mehr Laune verbreitet. Die Italiener bestimmten zumindest die Stadionstimmung. Ich hätte daher eher darauf getippt in Italien als in Deutschland zu sein.

Wie sah es vor dem Tor aus? Die Deutsche Mannschaft umspielte in den 80er Minuten wie im Training mit überlegenem Passspiel die Italiener. Sie hielten für Minuten bei schweigender Stille den Ball. Die Spieler zeigten schon das ganze Spiel keine Anspannung und Nervosität, denn es war ja wie vor eine Zombiekulisse. Blöde Eventfans, spielt doch wenigstens den Hooligan, wenn ihr unbedingt Fußball erleben müsst! Plötzlich kam der Ballverlust, was die Deutschen womöglich gar nicht bemerkten, da die „Fans“ das, auch ohne mit der Wimper zu zucken, aushielten. Die Folge 1:1. Aber wen interessierte das schon. Als ich zu meiner Sitznachbarin hinüberblickte und das ist kein Witz, lies diese ihre Zeitung.  Die Stimmungskanonen hinter mir tippten wieder auf meine Schulter, dass ich mich setzen sollte. Womöglich hatte jeder Deutsche Fan eine von den Italienern gestellte Politesse hinter sich, die darauf achtete, dass einer auch ja den Sitz wärmt. Ich drehte mich um, und sie zeigte mir den Moraldaumen nach unten. Bei jedem anstimmen von Fanchören kommt sich einer mit diesen Ordnungshütern im Nacken beobachtet vor. Verdammt! Ich bin dazu verleitet nur Menschen mit einem Mindestalkoholspiegel ins Stadion zu lassen. Doch zu allem Überfluss fragte die Dame neben mir noch, warum ich immer so laut pfeifen muss.

Warum also so zurückhaltend? Wir sind hier schließlich nicht zur Wahl gegangen. Bei dieser Mentalität möchte ich wissen, wir es eine deutsche Kultur jemals geschafft hat, den Sozialstaat durchzusetzen, aber vielleicht bedarf es ja hierfür gerade den Moraldaumen und das Sitzfleisch der Bürokraten ;)

Samstag, 5. Februar 2011

Das Interesse der Wirtschaft an Demokratie

Mubarak kann sich nicht mehr auf sein Machtnetz stützen. Was Demonstrierende nämlich tatsächlich erreichen, ist eine wirtschaftliche Stilllegung ihres Landes. Wenn aber kein Kapital mehr erwirtschaftet werden kann, dann steht der Sinn einer Militärdiktatur, die ja Stabilität versprechen soll, in Frage. Dieser Sachverhalt dürfte das Netz der Macht lockern und durchlässig machen für demokratische Ansprüche. In diesem Sinne hat Mubarak, gleich wieviele Anhänger er noch hat, schon verloren.

Die Miltitärregimes als Bollwerk gegen den Kommunismus haben ausgedient und daher ist jede wirtschaftliche Stabilität erwünscht. Jeder Tag des Protests in Ägypten kostet angeblich 228 Millionen Euro. Wir dürfen daher ruhig annehmen, dass sich aus diesem Grund auch das Militär neutral verhält und die Forderungen der Demonstranten als "legitim" bezeichnet (vgl. http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-02/aegypten-armee-demonstration-aufloesung?commentstart=9#comments). Im Weiteren heißt es zu den Verhandlungen mit dem General: "Ein Korrespondent der BBC zitiert den General mit den Worten: "Ihr habt das Recht, Euch zu artikulieren, aber bitte erhaltet, was von Ägypten übrig ist." Im Gegenzug hätten diese ihm Blumen geschenkt. Als die Demonstranten jedoch nicht auf seine Forderungen eingingen, verließ Al-Rawini den Platz." (vgl. http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-02/aegypten-armee-demonstration-aufloesung?commentstart=9#comments)

Es lässt sich also genau eines erkennen, das Interesse, was sich unabhängig vom Einzelnen auf der Makroebene an Demokratie zeigt, ist vor allem ein wirtschaftliches. Die einzelnen Toten, die ihr Leben für ein besseres Leben einer profitorientierten Kultur lassen, spielen dabei eine untergeordnete Rolle.



Nach einem Artikel der Zeit bedarf es aber nichtmal mehr der Polizei, dass Menschen bei den Protesten sterben. In den arabischen Staaten erscheint Selbstverbrennung als legitimes Mittel des Protests (http://www.zeit.de/2011/04/Nahost-Nordafrika-Opposition).
Das Militär jedoch hat kein Interesse an den Einzelnen. Die letzten Tage zeigen, dass das Militär eine Deeskalationsstrategie verfolgt. Friedliche Protestierende genauso wie gewalttätige Protestierende stören niemanden, es sei denn, der wirtschaftliche Schaden gerät zu groß. Machen wir uns doch nichts vor. Staaten haben aus wirtschaftlichen Interessen bereits mehrere Millionen ihrer Söhne verheizt. Wen der Großverdiener interessiert denn der einzelne Tote? Und selbst all die Leser dieses Artikels, die vielleicht mit Anteilnahme den ungerechten Tod des Einzelnen wahrgenommen haben, werden diesen auch ebenso schnell wieder vom Alltag wegspülen lassen. Die Makropolitik spielt nicht auf der Ebene der Mikrokosmen. Dafür fehlt uns Menschen der Sinn. In erster Linie errechnen wir die Konsequenzen für unser Leben. Wir erleben es ja in der Regel als Hürde die größeren Ideale überhaupt denkerisch zu erschließen und zu antizipieren.

Aufgrund dieser Tatsachen wäre es rational die Protests auf das zuzuschneiden, womit letztlich die Lösung auch erreicht wird. Stilllegung der Wirtschaft. Der Denkfehler steckt nun aber wiederrum darin, dass ein wirtschaftler Schaden Ägyptens im Endeffekt wieder eine Bedrohung der einzelnen Existenzen bedeutet.

Skulpturenfeld Eichstaett-112

Die Durchsetzung der Demokratie bedeutet letztlich die Gewalt des Volkes gegen sich selbst. Genau genommen heißt es: Menschen töten Menschen.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Ägypten und der Mob

Nehmen wir an wir leben in einem System, das von Unterdrückung geprägt ist und es kommt zu einer Revolution. Gegen wen sollten wir unsere Agressionen richten? Sollten wir Banken anzünden, Polizisten attakieren, öffentliche Gebäude attakieren? Oder sollten wir wie in der französischen Revolution eine Bastille stürmen?

Was soll ich als Einzelner tun? Was kann er tun? Wenn ich mir überlege, dass ich auf einer Straße stünde und mich für Demokratie einsetzte, dann hielte ich vielleicht ein Transparent in Händen, vielleicht auch nicht. Vielleicht würde ich beobachten, wie andere ein Auto anzünden, ein Haus zertrümmern. Aber wir könnte ich diese Handlungen mit der Durchsetzung von Demokratie zusammenbringen. Was sollte ich als Einzelner im Mob machen? Womöglich Amerikaner attakieren?

Es ist unglaublich, welcher Gefahr sich die CNN-Reporter aussetzen:


Was zeigt sich nun in Ägypten? Die Tatsache, dass der Volkswille sich nicht auf die abstrakte Forderung von Demokratie herunterreduzieren lässt. Der Einzelne handelt, aber was er tut, hat so wenig mit den abstrakten Institutionen zu tun. Was treibt den Einzelnen, Menschen zu attakieren, Gewalt einzusetzen? Was treibt den Einzelnen der Gegenseite an, Menschen zu foltern und zu töten?

Mir ist vollkommen unklar, was schließlich dazu führen wird, dass wir davon sprechen können, dass es in Ägypten eine neue Regierung gibt. Was passiert bis demokratische Wahlen stattfinden werden? Vielleicht wird das Land in Gewalt untergehen. Welche Polizei, welches Militär sichert bis die Revolution beendet ist die Straßen? Wie wird sich die Gewalt äußern. Alles in allem, so erscheint es mir, ist Demokratie nicht anders durchsetzbar als durch Gewalt... Wenn ich nämlich genau überlege, so stelle ich mir vor, dass ein militärisches Regime, wenn es denn nur friedliche Proteste sind, diese ignorieren könnte. Denn die Gefahr besteht ja nicht in der Freiheit der Meinung, sondern darin, dass manche Menschen aus Meinungen Handlungen ableiten. Demokratie ist eine Meinung, die zunächst die Forderung nach Durchsetzung der Demokratie enthält. Die Handlungen des Einzelnen wirken aber gänzlich konfus, wenn er für die Demokratie ein Auto anzündet.

Remembrance on the "Red Tower" in Halle(Saale) "Non-violent !" 20 years before in East-Germany (GDR)

Ägypten - In der Mitte der Revolution und nervöse Journalisten

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